§ 10 enthält eine spezielle Pflicht zur übernahmerechtlichen Ad-hoc-Publizität für Bieter in einem Wertpapiererwerbs- und Übernahmeverfahren. Die Vorschrift ist im Hinblick auf Zielrichtung und Verfahren eng an die allgemeine Ad-hoc-Publizität angelehnt, die früher in § 15 WpHG a. F. geregelt war und nunmehr seit dem 3. Juli 2016 in Art. 17 MAR geregelt ist. Es soll sichergestellt werden, dass die Anleger rechtzeitig und umfassend über bevorstehende Akquisitionen informiert werden und so auf damit im Zusammenhang stehende Kursbeeinträchtigungen angemessen reagieren können. Die Kursrelevanz öffentlicher Angebote ist dabei kein Tatbestandsmerkmal, sondern wird vom Gesetzgeber unterstellt. Darüber hinaus verfolgt die Vorschrift ebenso wie Art. 17 MAR einen präventiven Zweck, indem sie durch die Pflicht zur Veröffentlichung von Wertpapiererwerbs- und Übernahmeentscheidungen verhindert, dass die Kenntnis von einer solchen Entscheidung zu einem verbotenen Insidergeschäft genutzt werden kann.
Dennoch hat § 10 im Hinblick auf die Normadressaten einen von Art. 17 MAR abweichenden Anwendungsbereich. Während nach der MAR nur Emittenten und damit bestehende Kapitalmarktteilnehmer zur Publizität verpflichtet sind, trifft nach § 10 jeden Bieter diese Pflicht unabhängig davon, ob dessen Anteile an einem organisierten Markt gehandelt werden (im Einzelnen zum Verhältnis zu Art. 17 MAR und dem Insiderrecht gemäß Art. 7 ff. MAR siehe Rn. 50 ff. und 62 ff. ). Sowohl der Begriff des Emittenten als auch der Begriff des Bieters sind aber rechtsformunspezifisch, sodass sich allein aus dem Unterschied der Normadressaten keine Auslegungshinweise für die übrigen Tatbestandsmerkmale der beiden Normen ergeben.
§ 10 ist – mit Ausnahme des Abs. 5 – keine Ausprägung des Transparenzgebots aus § 3 Abs. 2, sondern vielmehr des Marktverzerrungsverbots aus § 3 Abs. 5. Geschützt werden nicht (nur) die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft als von der Allgemeinheit abgrenzbare Personengruppe, sondern alle am Kapitalmarkt agierenden Personen. § 10 Abs. 1 Satz 3 erwähnt ausdrücklich den Schutz vor Marktverzerrungen. Diese Differenzierung ist bedeutsam für die Frage, ob und inwieweit § 10 Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sein kann (dazu Rn. 86).
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